KV Würzburg - Stadt

GRÜNE luden zum Sozialkongress „Psychische Gesundheit im Gespräch“

60 Gäste kamen zum ersten Sozialkongress der GRÜNEN mit dem Themenschwerpunkt „Psychische Gesundheit“. „In dieser von Krisen und Unsicherheit geprägten Zeit haben wir GRÜNE uns bewusst dafür entschieden, die Psychische Gesundheit und Resilienz zum ersten Themenschwerpunkt dieses Jahres zu machen“ leitete die Landtagsabgeordnete Kerstin Celina ein. Zusammen mit den Referentinnen Dr. Verena Delle Donne und Dr. Gabriele Weitzmann deckten die Landtags- und Bezirkstagsmitglieder der GRÜNEN aus Würzburg Stadt und Landkreis ein breites Themenspektrum ab. Jede*r steuerte eigene Erfahrungen aus dem eigenen beruflichen Umfeld bei.

Patrick Friedl, Landtagsabgeordneter aus Würzburg, Jurist und ausgebildeter Ehe- und Familienberater blickte auf seine Tätigkeit bei der Beratungsstelle zurück. „Die Beratungsarbeit ist eine sehr niederschwellige Form der Hilfe. Die Zahl der Menschen, die diese Hilfe brauchen steigt stetig. Zugleich stagniert die Mitfinanzierung der Beratungsstellen über Landesmittel und geht so prozentual sogar zurück. Aktuell sind es bei der Ehe- und Partnerschaftberatung weniger als 5 Prozent. Das wollen wir ändern“ betonte Friedl und verwies auf Studien zur Zunahme häuslicher Gewalt. „In besonders schwierigen Lebenssituationen trifft es als erstes die Kinder und die Frauen, sie leiden unter physischer und psychischer Gewalt und brauchen die Beratungsdienste dringend“ so Friedl.

Gerhard Müller, Bezirksrat und Neuropsychologe, blickte auf seine glückliche Kindheit im Allgäu zurück, schilderte aber auch einzelne Gewalterfahrungen, z.B. im Rettungsdienst: „Ich war nach dem Abitur Sanitäter und ich habe auch Übergriffe erlebt. Sie kommen an einen Unfall und die Leute schimpfen sie an und stören sie und versperren den Weg. Das ist nichts Neues. Aber es war nicht so massiv wie es heute ist“. Seine Diplomarbeit schrieb Müller dann über Stress im Rettungsdienst. Müller betonte, die psychischen Störungen seien in den letzten 20 Jahren nicht häufiger geworden, aber die professionellen Hilfsangebote werden häufiger aufgesucht und genutzt, „und das ist auch gut so“.

Dass psychische Erkrankungen weniger stigmatisiert seinen als vor zehn oder zwanzig Jahren, wurde auch daran deutlich, dass zwei der Gäste sich trauten, den freien Stuhl bei der Diskussionsrunde zu besetzen und zu berichten, dass sie professionelle Hilfe in Anspruch nehmen mussten. Der Druck, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, sei immens stark gewesen, berichtete eine Frau.

Die stellvertretende Behindertenbeauftragte des Bezirks Unterfranken, Christina Feiler, lenkte den Blick auf Menschen mit Behinderungen und ihren Angehörigen während der Pandemie. „Menschen mit Behinderung haben auch zu den vulnerablen Gruppen gehört, die Angst ums Überleben hatten und plötzlich stand das Wort Triage im Raum, also eine mögliche Auslese bei der Behandlung von erkrankten Menschen“. Auch die Angehörigen von Menschen mit Behinderungen haben gelitten, so Feiler: „Ich weiß von Alleinerziehenden mit schwerst mehrfach behinderten Kindern, dass sie an ihre physischen und psychischen Grenzen gekommen sind und Angst davor haben, so eine Situation wieder zu erleben“.

Dr. Verena Delle Donne, Diplom-Psychologin, Familientherapeutin und Leiterin der Erziehungs- und Familienberatung beim Sozialdienst katholischer Frauen in Würzburg, nannte die Idee, Homeschooling und Homeoffice seien vereinbar, „irrsinnig“ und betonte: „Kinder hatten das Gefühl sie sind nicht wichtig“. Darunter litten Kinder heute noch, dazu käme Angst vor der Zukunft angesichts des Klimawandels. „Viele fragen sich tatsächlich: Gibt es überhaupt eine Zukunft?“. Dazu käme der Fachkräftemangel und die hohe Belastung der Mitarbeiter*innen in sozialen Berufen: „In allen Kitas in Würzburg ist mindestens eine Erzieherin, die langzeiterkrankt ist. Dazu kommen dann die mit kurzfristigen Erkrankungen, die Belastung für die übrigen ist unerträglich hoch“, sagte Delle Donne. Eine Lösung wird Geld kosten, Erziehungsberatung müsse gestärkt werden und ein Ministerium sollte sich um Familie, Kinder und Schule zusammen kümmern, denn die Aufteilung auf verschiedene Ministerien behindere Lösungen, statt sie zu ermöglichen. Auf persönlicher Ebene, im Miteinander, zählte Delle Donne auf, was wichtig sei: „Wertschätzung, Perspektivenwechsel, Wahrnehmen der Kinder und wertschätzen, was Eltern leisten“.

Der scherzhaft geäußerten Hoffnung, exklusiv Neuigkeiten aus dem nächsten Kinder- und Jugendschutzbericht zu erfahren, erteilte die zweite Referentin, Dr. Gabriele Weitzmann, eine Absage. „Natürlich geht der Bericht zuerst an die Familienministerin Lisa Paus“ sagte Weitzmann aus Zell im Landkreis Würzburg, die eine der nur vierzehn bundesweit berufenen Sachverständigen ist und hauptberuflich als Geschäftsführerin des Bayerischen Jugendrings arbeitet. Sie bestätigte die zunehmende Zukunftsangst der Jugendlichen, auf die schon Delle Donne hingewiesen hatte. „Auf der psychischen Ebene von Jugendlichen wird die Pandemie gar nicht mehr so sehr als beängstigend empfunden, sondern der Krieg und das Klima“, sagte sie. Auch der Fachkräftemangel sei drastisch: „Wir gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren eine erhebliche sechsstellige Zahl an Personen in der Kinder- und Jugendhilfe fehlen wird, und gleichzeitig ist auch das Engagement von Ehrenamtlichen massiv zurückgegangen, denn jede*r von uns hat zusätzlichen Belastungen und Herausforderungen“. Kritik äußerte Weitzmann an der Art und Weise, wie Kinder- und Jugendliche während der Pandemie behandelt wurden: „Wir haben sie überhaupt nicht zu Wort kommen lassen. Wir haben sie nicht gefragt: wollt ihr euch impfen lassen? Statt dessen hieß es, es gebe keine Impfempfehlung und ihr seid die letzten, die geimpft werden“. Weitzmann erzählte, bei ihr hätten sich Kinder von Impfverweigerern gemeldet, die sich impfen lassen wollten. „Wir sollten unseren Kindern mehr zutrauen“ sagte sie.

Zum Thema Fachkräfte meldete sich die Abgeordnete Celina noch einmal zu Wort: die Zahl der Studienplätze für Psychotherapie sei jetzt endlich erhöht worden, bisher gab es nur 75 Studienplätze für Psychotherapie in Bayern und zukünftig sollten 360 Plätze angeboten werden. „Das ist eine der positiven Nachrichten, dass der Fachkräftemangel hier mittelfristig eingedämmt werden kann.“ Aber der springende Punkt sei: „wir werden mehr Kassenarzt- bzw. Psychotherapeutensitze für diese dringend benötigten Fachkräfte brauchen, sonst können sie nicht arbeiten“ wandte sich Celina an den Vertreter der KVB, der extra aus München angereist war, um der Veranstaltung beizuwohnen. Psychische Gesundheitsvorsorge sei nicht zum Nulltarif zu haben, darüber waren sich alle Teilnehmenden einig: „Wir brauchen fachkundige und ehrenamtliche Hilfe genauso wie generell Respekt und Wertschätzung, um gemeinsam mehr Resilienz und psychische Gesundheit zu erreichen“.

 

 

 

 

 

 


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